Sekundarstufe 1 (3. Zyklus)
Pubertät
Die Veränderungen in der Pubertät setzen sich fort. Im Durchschnitt haben Jungen mit 13 Jahren ihre erste Ejakulation und Mädchen ihre erste Periode mit 12 Jahren. Masturbation kann zunehmen. Jugendliche können bezüglich ihrer körperlichen Veränderungen sehr verunsichert sein und sie fragen sich oft, ob sie sich «normal» entwickeln. Jugendliche müssen sich erst an ihren «neuen Körper» gewöhnen. Sie entwickeln ein sexuell geprägtes Selbstbild. Es ist für sie wichtig, gut auszusehen. Jugendliche sind in diesem Alter häufig sehr empfänglich für die Meinung anderer. Sie lassen sich leicht durch Altersgenossen beeinflussen. Sie beginnen andere Menschen sexuell attraktiv zu finden, verlieben sich zum ersten Mal, machen Erfahrungen mit Flirten, Küssen, Petting und haben erste Beziehungen mit jungen Menschen des gleichen Geschlechts und/oder dem anderen Geschlecht. Internet und die sozialen Medien stellen wichtige Mittel dar, um die Sexualität zu entdecken und Bekanntschaften zu schliessen.
Zentrale Themen und mögliche Inhalte
1. Der menschliche Körper und seine Entwicklung
- Anatomie und Physiologie des Körpers
- Körperbild und Massnahmen am eigenen Körper, um dem Idealbild zu entsprechen
- Schönheitsideale in den Medien, körperliche Veränderungen im Lebenslauf
- Menstruationszyklus (Repetition)
- Anatomie und Physiologie der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane (Repetition)
- sekundäre Geschlechtsmerkmale, ihre Funktion und die damit verbundenen Gefühle (Repetition)
- Dienstleistungen und Informationsquellen für Jugendliche: Beratungsstellen und Internetseiten
2. Fruchtbarkeit und Fortpflanzung
- Informationen zum Kinderwunsch, Verhütung und Zugang zu Verhütung
- Mythen/Fakten (Zuverlässigkeit, Vor- und Nachteile) verschiedener Verhütungsmittel (einschließlich der Notfallverhütung)
- unwirksame Verhütung und Verhütungspannen, bedingt durch, Antibiotikaeinnahme, Vergesslichkeit usw.
- Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln
- Auswirkungen (früher) Mutter- und Vaterschaft: Familienleben organisieren, Kindererziehung, Planung der Ausbildungs- und Berufslaufbahn, Wahlmöglichkeit und Entscheidungsfindung bei ungewollter Schwangerschaft, Adoption, Verhütung
- Schwangerschaft, Fruchtbarkeit, verschiedene Formen der Elternschaft
- Schwangerschaftsabbruch
- Rollenerwartungen und Rollenverhalten hinsichtlich sexueller Aktivität und hinsichtlich genderspezifischer Unterschiede
- Voraussetzungen, um Sexualität geniessen zu können (z.B. sich Zeit lassen, Verhütung klären usw.)
- erste sexuelle Erfahrungen, Jungfräulichkeit, Abstinenz, Lust, Masturbation, Orgasmus
- Geschlechtliche Identität
- sexuelle Orientierung
- Coming-out
4. Emotionen
- Unterschiede zwischen Freundschaft und Liebe
- Unterschiede und Verbindungen zwischen Emotionen, Bedürfnissen, Wünschen
- verschiedene Gefühle und Emotionen: Neugier, Lust, Anziehungskraft, Verlangen, Verliebtheit, Zerrissenheit, Unsicherheit, Stolz, Scham, Ekel, Angst und Eifersucht
5. Beziehungen und Lebensstile
- Verschiedene Kommunikationsstile (verbal und nonverbal) und wie sie sich im Laufe des Lebens verändern können
- Beziehungen eingehen und pflegen
- Einsetzen von Verhandlungs- und Kommunikationskompetenzen
- Verschiedene Beziehungsmodelle und Familienformen
- mögliche Veränderungen (z.B. Trennung, Tod usw.)
- Einfluss von Famillie, Geschlecht, Alter und Kultur
6. Sexualität, Gesundheit und Wohlbefinden
- das Immunsystem
- Einfluss von Alkohol und Drogen auf das Verhalten
- positiver Einfluss von Sexualität auf Gesundheit und Wohlbefinden
- Körperhygiene
- Prävention von risikantem Sexualverhalten: sexuell übertragbare Infektionen einschließlich HIV, Symptome und Übertragungswege
- riskantes (Sexual-)Verhalten aufgrund von Alkohol, Drogen, Gruppenzwang
- sexualisierte Gewalt und sexuelle Ausbeutung
7. Sexualität und Rechte
- Politische Bildung in Bezug auf die sexuellen Rechte und die Rechte des Kindes
- nationale und kantonale Gesetze und Vorschriften (Schutzalter, Pornografie, Sexting usw.)
8. Soziale und kulturelle Determinanten der Sexualität (Werte und Normen)
- Einfluss der Familie, der Gleichaltrigen und des sozialen Umfeldes auf das Sexualverhalten
- Art und Weise der bildlichen Darstellung von Sexualität in den Medien, einschliesslich der Vorstellungen, die durch Pornografie geprägt werden
Angaben zu den Inhalten finden Sie in der Vorlage des Lehrplans 21 und in den kantonalen Lehrplänen.
Arbeitshilfen
- Erste Liebe, Beziehung und Sexualität. Filme mit pädagogischem Begleitmaterial von SRF mySchool (2013).
- Methodenfinder von liebesleben Deutschland.
- Heartbeat – Herzklopfen. Beziehungen ohne Gewalt, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband (2010).
- Sexualpädagogik in interkulturellen Gruppen von Meral Renz (2017).
- Planungshilfen Gesundheitsförderung und Prävention der Pädagogischen Hochschule Zürich (2018).
Quellen
- WHO und BZgA, Standards für die Sexualaufklärung in Europa, 2010/2011
- ARTANES et SANTÉ SEXUELLE Suisse, Cadre de référence pour l'éducation sexuelle en Suisse romande, 2014 (Papierversion)
- (1) Gouvernement du Québec, L'éducation à la sexualité dans le contexte de la réforme de l'éducation, 2003, S. 50-51
- (2) Tuider et al., Sexualpädagogik der Vielfalt, Beltz Juventa, 2012, S.87
- (3) Methodenfinder von LIEBESLEBEN
- (4) Methodenfinder von LIEBESLEBEN
Beispiele für Aktivitäten
Sexualaufklärung fordert von den Lehrpersonen einen sorgfältigen und bewussten Umgang mit Themen der sexuellen Gesundheit, um einen altersentsprechenden und hochwertigen Unterricht anbieten zu können. Bei Unsicherheiten oder Fragen stehen Lehrer_innen Fachstellen für Sexualpädagogik oder Fachstellen der sexuellen Gesundheit zur Verfügung (siehe Liste in Ihrem Kanton). Diese bieten Beratungen und/oder Schulungen/Weiterbildungen an.
Folgende Aktivitäten können als Anregung für den Unterricht der Sexualaufklärung dienen:
- Bitten Sie die Schüler_innen im Deutschunterricht eine Kurzgeschichte zu schreiben, deren Hauptfigur mitten in einer Teenager-Krise steckt. Sie sollen körperliche, emotionale und zwischenmenschliche Aspekte berücksichtigen. Die Schüler_innen sollen erklären, was die Hauptfigur glücklich und unglücklich macht. Im Anschluss wird im Plenum diskutiert, ob es die berühmt-berüchtigte Teenager-Krise, so wie sie häufig karikiert dargestellt wird, tatsächlich gibt. Organisieren Sie eine Debatte mit Schüler_innen einer anderen Klasse: «Teenager-Krise: Mythos oder Realität?» (Entspricht dem Thema «Der menschliche Körper und seine Entwicklung»).(1)
- Lassen Sie die Schüler_innen eine Fotocollage erstellen, um die verschiedenen Aspekte der menschlichen Sexualität von der Geburt bis ins hohe Alter zu veranschaulichen, ohne expliziten Geschlechtsverkehr darzustellen. (Entspricht dem Thema «Sexualität»).(1)
- Ausgehend von den beliebtesten Videoclips wird im Englischunterricht ein Wettbewerb für das sexistischste Videoclip organisiert. Fordern Sie die Schüler_innen auf, die Botschaften der Videoclips betreffend Verführung und Liebe kritisch zu hinterfragen (zur Unterstützung können die übersetzten Liedtexte verwendet werden). (Entspricht dem Thema «Soziale und kulturelle Determinanten der Sexualität (Werte und Normen)». (1)
- Stellen Sie eine Auswahl an Bildern, aus Zeitschriften und Internet, mit sexualisierten und nicht sexualisierten Darstellungen zusammen (z.B. Paar am Strand, Unterwäschemodel, Hand in der Hose, Selfie von einem Paar das kuschelt, Selfie im Ausgang usw.). Die Schüler_innen sollen die Bilder in private und öffentliche Bilder unterteilen. Im Anschluss diskutieren Sie mit den Schüler_innen darüber, was «private» und was «öffentliche» Bilder kennzeichnet. Weiter können im Klassenverband Empfehlungen ausgearbeitet werden, was das Veröffentlichen von Bildern im Internet anbelangt. Dabei können Sie auf das Recht «Schutz der Privatsphäre» Bezug nehmen. (entspricht dem Thema «Soziale und kulturelle Determinanten der Sexualität (Werte und Normen)». (2)
- Bereiten Sie 2 Flipcharts vor und zeichnet auf jedes Flipchart ein übergrosses Kondom. Auf das eine Flipchart zeichnen Sie zusätzlich ein lachendes Gesicht und auf das andere Flipchart ein trauriges Gesicht. Die Klasse wird in zwei Gruppen geteilt. Die Gruppen sammeln Argumente, für oder gegen das Kondom als Schutz vor HIV/STI und ungewollte Schwangerschaft. Im Anschluss diskutieren sie, welche Argumente von allen oder der Mehrheit akzeptiert werden. Welche Seite hat mehr Argumente, die pro oder die contra Seite? Zum Schluss gehen Sie die Argumente durch und stellen richtig, was möglich oder nötig ist. Aktuelle Informationen zu HIV und STI und zu den safer Sex Regeln finden Sie auf www.lovelife.ch (Website richtet sich an Erwachsene) (entspricht dem Thema «Fruchtbarkeit und Fortpflanzung» und «Sexualität, Gesundheit und Wohlbefinden»). (3)
- Bereiten Sie fiktive, aber realistische Fragestellungen bezüglich der Thematik Homosexualität oder der sexuellen Vielfalt an das Dr. Sommer-Team vor (z.B. Mein Name ist Lea, ich bin 14 Jahre alt. In meiner Klasse gibt es ein Mädchen, das ich ganz toll finde. Ich denke, dass ich in sie verliebt bin. Bin ich nun lesbisch? Ich habe Angst, mit jemandem darüber zu sprechen. Was soll ich tun?). In Kleingruppen haben die Schüler_innen die Aufgabe, die Fragen als Dr. Sommer-Team zu beantworten und anschliessend der Klasse zu präsentieren. Diskutieren Sie die Antworten im Plenum. Allenfalls müssen Sie Antworten ergänzen oder richtigstellen. Besprechen Sie im Anschluss, welche Fragen schwer oder leicht zu beantworten waren und warum (entspricht dem Thema "Sexualität").(4)